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Es hat sich herausgestellt, dass wir gerade zu einer äußerst schlechten Zeit einen Job gesucht haben, da im Januar kaum Leute gebraucht werden. Nachdem wir alle relevanten Arbeitgeber im Raum Blenheim angerufen und nur Absagen kassiert haben, sind wir nach Nelson aufgebrochen. Das bedeutete leider, dass wir bis Ende Februar von unserem Erspartem leben müssen, aber kann man ja nüscht machen! Die Fahrt nach Nelson war sehr schön, auch wenn uns schnell bewusst wurde, dass wir nun wirklich mitten in der Hauptsaison angekommen sind. Bei jedem gratis Campingplatz muss man vor drei Uhr nachmittags ankommen, sonst sieht es mau aus mit einem Platz für die Nacht. Es sind eben zurzeit nicht nur die üblichen Backpacker mit ihren Vans im Land, sondern auch die Horden an Mietvan-Touristen, mal Familien, mal Lehrerinnen und Lehrer in ihrem fancy Urlaub am anderen Ende der Welt. Bedeutet für uns halt, dass wir uns immer sehr früh um die Übernachtungsmöglichkeit kümmern müssen, aber das wurde bisher tatsächlich nur ein einziges Mal ein Problem. Bei diesem einen Mal haben wir jeweils $5 für einen bezahlten Campingplatz ausgegeben, der eine Bar und eine Dusche angeschlossen hatte, das war mal ein Deal!

In Nelson haben wir unseren neuseeländischen Freund Darren wieder getroffen, der ebenfalls auf der Südinsel reist und sich erstmal in Nelson einquartiert hatte, um eine Weile dort zu arbeiten. Wir haben oft mit ihm darüber geredet, dass wir mal zusammen wandern gehen sollten und jetzt hat es endlich geklappt! Darren ist der Wanderprofi schlechthin und geht auch gerne mal auf mehrtägige Wanderungen ohne jegliche Pfade, einfach mitten durch die Wildnis. Wir waren auch schon oft wandern, aber es war direkt klar, dass wir eventuell nur einen Teil seiner geplanten Wanderung mitmachen. Ja, also war krass. Unser Plan war, mit ihm bis zu einer Hütte zu wandern, dort zu übernachten und dann am nächsten Tag dieselbe Strecke zurück zu gehen, während er noch weiter wandert. Jetzt ging es SIEBEN (statt der angekündigten vier) Stunden strikt bergauf, auf einem Pfad, der wohl mal für pilgernde Eichhörnchen angelegt sein musste, von der Breite des Weges schätzend. Wir kamen auf der Hütte an, aber gerade mit unserem ganzen Gepäck war es doch an einigen Stellen mit Abhang sehr … spannend, als ich ab und zu ausgerutscht bin 😀

Siegerfoto! Wir sehen nur deshalb so entspannt aus, weil das Foto am nächsten Morgen aufgenommen wurde…

Nach dieser doch etwas anstrengenden Wanderung ist es uns gelungen, einen wwoofing-Ort im Abel Tasman Nationalpark aufzutreiben, wo ich es ganze drei Tage ausgehalten habe. Im Text ihres Profils bei helpx stand, man müsse im Garten und bei Bauprojekten helfen. Easy. Wohnen werde man sehr alternativ, in einem Erdhaus mit Kompost-Toiletten im Garten. Das mit dem Wohnen stimmte. Aber arbeiten sollten wir in der Pizzeria unserer Gastgeber. Klang auch ganz cool, dachten wir uns! Ly sollte in der Küche Pizzas machen und ich mich vorne als Kellner versuchen. Ich habe mein Bestes gegeben, habe aber ebenso wie Ly gemerkt, dass die Kellnerei nichts für mich ist. Zumindest nicht für keine Bezahlung. Wir wurden nur zu den Stoßzeiten eingesetzt, weshalb sich immer alles überschlagen hat und ich jeden Tag einen halben Herzkollaps erlitten hab. Mimimi hör ich euch sagen, ihr Gemeinen! Aber Recht habt ihr ja auch. Es ist absolut ein Stress, an den man sich gewöhnen kann im Laufe der Zeit. Mir wurde es alles zu viel mit den Hundert verschiedenen Kaffeesorten und Smoothies und Milkshakes, die ich zubereiten helfen sollte und dann noch Kassieren und und und ne danke.

Das kann man zwar wirklich aushalten, aber nicht für keine Bezahlung. Dazu kam noch unser 45-minütiger Arbeitsweg, einen Berg zuerst runter und dann wieder hoch und das jeden Tag. Aber am meisten gestört hat mich, dass wir mit unseren Gastgebern überhaupt keine Gemeinschaft hatten, weil die von früh bis spät in der Pizzeria waren und an uns überhaupt nicht interessiert waren. Da ich der Meinung bin, dass mein Leben viel zu kurz für so einen Mist ist, habe ich beschlossen, dass ich gehen möchte. Statt also die Zeit bis zum Festival unsere Kosten bei null zu halten, sind wir dann zur nördlichsten Region der Südinsel gefahren, Farewell Spit. Das war definitiv sehenswert! Nach einem laaaangen Spaziergang an einem Strand entlang standen wir auf einmal in einer Wüste.

Es ist wirklich beeindruckend, welche Landschaften dieses Land zu bieten hat. Regenwald, Strände, Grashügel, Berge und jetzt auch noch Wüste. Direkt neben Farewell Spit ist Cape Farwell, mit einer wahnsinnigen Aussicht. Hat mich sehr an Schottland erinnert!

Manchmal würde man ja gerne Empfindungen in einem Blogeintrag weiter reichen können, die sich leider in der jetzigen Zeit noch nicht übertragen lassen, wie Gerüche, Emotionen und Temperaturen. So muss ich euch an dieser Stelle einfach versichern, dass es an diesem Tag so windig war, dass wir beinahe in unsere Frührente die Klippen hinunter geweht wurden. Man sieht das sehr schön an einem Foto, das ich von Ly bei Wharariki Beach aufgenommen habe:

Mutter Natur wollte uns den Strand besonders hautnah erfahren lassen und hat uns direkt ein paar Tonnen Sand in Richtung Mund und Nase gestreut als Kostprobe

Um uns dann auf das Luminate Festival vorzubereiten, bei dem wir 7-8 Tage in einem Nationalpark festsitzen würden ohne jegliche Möglichkeit einzukaufen, sind wir wieder nach Takaka gereist, um einzukaufen. Und was erwartet uns auf dem Parkplatz, als wir vom Supermarkt zurückkommen?

Der erste Platte Reifen meines Lebens! Na toll. Wir haben dann einen neuen Reifen vor Ort kaufen müssen ($150) und haben noch einen gebrauchten in Nelson geholt ($75). Dazu kam, dass uns in Nelson einmal während der Fahrt auf dem Highway der Motor einfach ausging. Habe ich schon erwähnt, dass ich zu Panik neige, was die zukünftige Schrottreife des Autos betrifft, das ich gerade besitze?…

Naja, zurück nach Takaka. Reifen gewechselt und schon hatten wir nur noch einen Tag Zeit für die Wanderung, die ich machen wollte. Unser Pizzeria-Gastgeber hatte uns einen kleinen Abschnitt der mehrtägigen Wanderung des „Great Walks“ im Abel Tasman National Park empfohlen, der für seine wunderschönen Strände bekannt ist, an denen man entlang wandert. Wir haben drei davon gesehen und – oja, sehens- und schwimmenswert:

Golden Sand Beach bei Totaranui war sehr golden
Anapai Beach war unser Favorit! Dass in Neuseeland auch so Postkarten-tropische-Traumstrände gibt, hätte ich nicht gedacht

Und dafür, dass es ein „Great Walk“ war, der von allen Reiseführern besonders beworben wird, waren gar nicht soo viele Leute unterwegs. Aber keine Zeit auszuruhen, schon am nächsten Tag ging die Reise los zum Luminate Festival.

Wir waren sehr gespannt, was uns so erwartet und hatten leider direkt mal einen sehr schlechten Start ins Festival. Am Eingang wurden tatsächlich – was ich nie erwartet hätte – alle ankommenden Autos durchsucht und aller Alkohol beschlagnahmt. Einfach geklaut! Und das in einem Land, in dem Alkohol so ziemlich das Teuerste überhaupt ist. Aber sie verkaufen sich als alkoholfreies Festival, wobei wir dachten, das sei wohl nur das Festivalgelände bezogen, auf dem Campbereich kann ja wohl jeder machen, was er wohl. Ne. Soviel zu persönliche Freiheit und alternativ und so, my ass! Naja, diesen Verlust haben wir nie richtig verkraftet und er legt sich als Schatten auf die Erinnerung ans Festival. Wir hatten Spaß, haben viel getanzt und sehr coole Leute kennen gelernt, aber es bleibt ein bitterer Beigeschmack.

Gerade die Leute auf dem Festival waren unglaublich lieb und wir haben einige Freundschaften geschlossen. Das Festivalgelände ist umgeben von Nationalpark, also mitten im Wald. Das ist ein sehr schönes Ambiente, bringt allerdings ein paar Nachteile, die mich am Verstand der Organisatorinnen und Organisatoren zweifeln lassen. Da das Ganze auf einem Berg stattgefunden hat, war das Klima sehr extrem. Tagsüber wird man bei über 30° angenehm kross gebraten und kühlt sich hauptsächlich in einem kleinen Bach ab und nachts sinken die Temperaturen dann gerne mal in den Minusbereich. Man muss sich dann halt durch Tanzen warmhalten, wer Pause macht, erfriert/verliert! So ein Unsinn. Ly und ich konnten uns im Van gut warmhalten, aber einige Leuten haben in Zelten geschlafen und morgens dann Frost auf ihren Schlafsäcken gefunden. Das ist, als würde man seinen großen Sommerurlaub in Sibirien verbringen.

Tagsüber war es sehr ruhig im Festivalbereich

Rückblickend lässt sich sagen: Von den wenigen Festivals, die es in Neuseeland gibt, war das wahrscheinlich eins der coolsten, aber wir waren uns nicht ganz sicher, ob wir da so richtig reinpassten oder ob es am richtigen Ort stattgefunden hat. Jetzt sind wir wieder erholt und werden jetzt drei Wochen mit meiner Schwester und ihrem Freund durch die ganze Südinsel reisen, weil sie ihren Urlaub bei uns in Neuseeland verbringen. Erholung haben wir ja dringend nötig!