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Es ist ganz verrückt, während beim letzten Blogeintrag ultra viel passiert war und ich das erstmal wieder aus der Gedächtnissuppe heraus fischen musste, ist in den letzten vier Wochen gefühlt kaum was passiert. Gehört aber wohl so, wenn man einfach nur arbeitet arbeitet arbeitet, arg viel rumkommen tut man dabei nicht. Und nach der Plackerei reicht die Energie meist gerade noch für Kochen, kurz bei einem Feierarbendbierchen zusammensitzen und zack sind auch schon die Lichter aus und am nächsten Morgen um 6 grüßt wieder das Murmeltier und alles geht von vorne los. Das muss dieses Erwachsensein sein, von dem gerade immer alle reden, ich verzichte dankend, wenn das so aussieht.

Wir haben uns relativ schnell in unserem neuen Zu Hause eingerichtet und uns mit insbesondere Essen ausgestattet, weil der nächste Supermarkt einfach mal eine ganze Stunde Fahrzeit entfernt ist, entlang einer ultra kurvigen und teilweise einspurigen Küstenstraße, bis man schließlich in Opotiki ankommt und sich Verpflegung für eine ganze Woche besorgen muss, weil man vorher wohl nicht nochmal hinkommt. Kassenbelege um die 200 Dollar sind hier keine Seltenheit. Philipp und Jasmin kratzen gerne an der 300 Dollar-Marke und versichern jede Woche, diesmal würde es auf jeden Fall für zwei ganze Wochen reichen und deshalb müssten sie nächste Woche nicht einkaufen fahren. Und dann geht doch das Bier aus.

Schließlich ging dann auch irgendwann tatsächlich die Arbeit los und wir haben unsere Aufpasserin Lou kennen gelernt, die jeden Morgen um ungefähr 6 Uhr in eine Facebook-Gruppe schreibt, ob es Arbeit gibt und wenn ja wo und was. Das ist zum Teil sehr nervig, weil das ja bedeutet, dass man auch an Tagen, an denen es gar keine Arbeit gibt, von seinem Wecker aus dem Schlaf gerissen wird und man sich anzieht und Frühstück macht, weil es meistens etwas dauert, bis endlich die Info da ist. Und dann bäm Regen bäm keine Arbeit bäm verdammtichbinkomplettangezogenundwachwasmachichjetzt? Die erste Woche oder so haben wir mit Jasmin und Philipp Stecken in die Luft auf Draht gestellt und mit Seilen festgebunden.

Stumpfsinnige Arbeit, aber sie haben uns angeboten, dass wir mehr Geld kriegen, wenn wir eine bestimmte Anzahl pro Stunde schaffen. Das hat den Rest meiner Gruppe total begeistert und angespornt, ich fand das ganze ultra nervig, weil wir uns dauernd selber fertig gemacht haben, wenn wir die magische Grenze wieder nicht überschritten haben. Sowas kann an einer Freundschaft schon rütteln, wenn man dann spekuliert, warum wir jetzt wieder zu langsam waren und man dreht sich dabei eh nur im Kreis und ist jeden Tag frustriert. Ich fand es wie gesagt sehr nervig und war froh, als wir mit dem nächsten Job angefangen haben, der sich aber als körperlich sehr viel anstrengender herausgestellt hat.

Zusammen mit weiteren Backpackern, die mittlerweile angekommen waren, sollten wir die gerade noch ganz kleinen und unbefruchteten Kiwis an den Pflanzen ausdünnen, um den Bienen die Arbeit zu erleichtern, weil sie dann wesentlich weniger Früchte bestäuben müssen. Das ist jetzt keine wirklich anstrengende Arbeit, aber weil die Pflanzen über einem auf Drähten liegen, läuft man halt dann acht Stunden am Tag mit den Händen über dem Kopf rum und schaut konstant nach oben, weshalb sich der Hals und der Rücken abends immer mehr bedankt haben.

Aus drei mach eins

Professionell

Wir haben zum Teil auch noch andere Aufgaben bekommen, die sich mit dem Wachstum der Pflanzen beschäftigen, das gesteuert werden muss, also war die Arbeit sogar halbwegs abwechslungsreich, aber deshalb nicht weniger anstrengend. Ich bin immer froh, wenn wir nicht das Ausdünnen der Kiwis machen, weil unsere Chefs hier in der letzten Zeit immer mehr die Peitsche ausgepackt haben und uns zum schnelleren Arbeiten aufgefordert haben. Das Schneller werden ist aber schwierig, weil sich die genaue Art und Weise des Ausdünnens und was runter gerupft werden soll, zum Teil mehrmals am Tag ändert. Sehr frustrierend, weshalb in der nächsten Woche auch so gut wie alle Backpacker aus unserer Gruppe abreisen. Wir waren dann fünf Wochen hier, reicht auch wieder mit der Arbeiterei, ein bisschen Kohle wurde jetzt auf jeden Fall verdient.

Mit den anderen Backpackern aus unserem Team haben wir eine richtige kleine Gäng und fühlen uns in unserer Gemeinschaft hier sehr wohl. Wir arbeiten zusammen, essen gemeinsam und hängen nach der Arbeit rum. Gerade weil man mal länger mit denselben Leuten Zeit verbringt, können sich auch echte Freundschaften entwickeln und man kann tiefer gehende Gespräche führen. Außerdem haben wir ungefähr das gleiche Alter, wogegen die Backpacker im anderen Team fast ausschließlich 18-Jährige deutsche Abiturienten sind. Kann nerven.

Ich habe auch wahrscheinlich den schönsten Geburtstag meines Lebens, obwohl ich an dem Tag und dem Tag darauf sogar arbeiten musste. Philipp hat mich verleitet, schon morgens um halb 8 mit dem Trinken anzufangen, weshalb wir entsprechend lustig auf der Arbeit aufgetaucht sind.

Geburtstagsarbeitsoutfit

Danach haben wir dann noch ne Party in einem verlassenen Gebäude geschmissen mit Feuer und Licht und Musik und so. Mit lauter fremden Menschen am anderen Ende der Welt und es war traumhaft.

Ich werde das Leben hier in Te Kaha sehr vermissen, unsere kleine Kommune und die vielen gemeinsamen Abende mit viel Gelächter und Geschichten. Aber es wird auch Zeit, wir sind alle etwas unruhig geworden und wollen wieder reisen, mal wieder etwas sehen! Dafür sind wir ja schließlich hier.