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Der Winter naht, es ist kalt geworden. Es Regnet viel, doch jeder Sonnenstrahl wird mit vielen bunten Herbstfarben belohnt.

Tja, der Abschied naht, doch eines muss noch getan werden. Wir müssen unseren Van verkaufen.Da im Winter am wenigsten Backpacker nach Vans suchen, sind die Preise im Keller und Interessenten rar. Also akzeptierte ich Stefans Vorschlag uns einen Monat zum Verkaufen Zeit zu nehmen.

Wir waren uns einig, wir wollten diesen Monat noch einmal Woofen. Das hatte mehrere Vorteile, wir hatten ein Bett und ein Dach überm Kopf, konnten unsere Ausgaben niedrig halten, hatten Zugriff auf Werkzeug für mögliche Reperaturen am Van und hatten Gesellschaft von Kiwis.

Wir entschieden uns für Dave und Julia, Gärtner und Lehrerin und Hobby Walnussfarmer. Unsere Wahl hätte auf keine Besseren fallen können, wir hatten eine wunderbare Zeit und jetzt zwei neue Freunde in Neuseeland!

Dave und Julia wohnen in einem großen Haus auf dem Dorf etwa 45 Minuten entfernt von Christchurch. Sie haben einen monströsen Garten mit diversen Schuppen, Gewächshaus, eigenem Bach und im Anschluss auch noch die Wallnussplantage. Sie sind nicht alleine, denn es wohnen mit ihnen zwei Katzen, zwei Schweine und einige Enten zusammen auf dem Grundstück. Außerdem gibt es eine Menge Fantails, die einen bei jeder Draußenbeschäftigung neugierig beobachten und einem vor der Nase herumfliegen.

Woofing bedeutet normalerweise 4 Stunden Arbeit im Austausch von Mahlzeiten, Gesellschaft und einem Bett. Stellt sich natürlich immer die Frage, was wird gearbeitet und was bekommt man tatsächlich dafür?

Als wir ankamen, endete gerade die Walnussernte. Wir haben also gerade noch den ganzen Prozess kennengelernt und dann war es auch schon wieder vorbei.

Prozess bedeutet, mit dem Traktor die 100 Meter zur Pantage zu fahren. Ich saß zum ersten Mal in meinem Leben am Steuer eines Traktors! (Stefan und ich haben uns fair abgewechselt.) Mit einem Laubpuster das Laub unter den Bäumen wegpusten und dann mit sehr faszinierenden Geräten die Walnüsse aufsammeln. Sind sie gesammelt, werden sie von Hand sortiert (was ist angeknabbert oder anders nicht verkaufbar), gewaschen und schließlich zum Trocknen in großen Holzboxen gelagert.

Dave hat einen großen Abnehmer, der ihm alle Nüsse abkaufen würde, aber vorher versucht er möglichst viele Privat zu verkaufen. Dazu werden die getrockneten Nüsse geknackt und per Hand aus der Schale gepult. Auf dem letzten Bild sieht man Stefan Nüsse knacken (das pulen haben wir dann an einem Regentag gemacht), außerdem sieht man im Hintergrund die großen Boxen die zum Teil rand voll mit Walnüssen sind / waren.

Nach der Walnusssaison gab es dann vor allem Standart Woofingarbeit, d.h. Unkraut jäten und viele kleinere Jobs. Wir haben zum Beispiel Äpfel und Feijoas getroknet.

Außerdem gab es ein Boot, das geschliffen und neu gestrichen werden wollte. Es stellte sich schnell heraus, dass ich lieber streiche als Stefan, also gab es schnell eine einvernehmliche Aufteilung. Lydia streicht und Stefan mäht den Rasen, pustet Laub von den Wegen und kümmert sich um noch mehr Unkraut.

Das mit dem Unkraut ist recht faszinierend, da die Flora von Neuseeland natürlich eine ganz andere ist und wir daher erstmal lernen mussten, was ist hier denn überhaupt Unkraut?

Nach dem vielen rausrupfen, durften wir im Gegenzug auch an einem Tag ein paar native Pflanzen anpflanzen.

An Regentagen gab es ein paar Putzjobs oder wir haben Walnüsse gepult und dabei Serien oder Filme geschaut. Auch nicht die übelste Arbeit. 🙂

Wir waren im allgemeinen sehr, sehr zufrieden mit der Arbeit, aber es gab tatsächlich auch einmal ein sehr ’schreckliches‘ Erlebnis:

Wir sollten den Kompost umdrehen. Dass heißt den vollen Kompost in den leeren danebenliegenden rüberschaufeln. Das war zwar zum Teil etwas eklig, aber eigentlich kein großes Ding. Bis ich plötzlich ein Geräusch hörte. Ich dachte da fliegt wieder ein neugieriger Fantail herum, doch da sah ich es. Ein vielleicht zwei Wochen altes Rattenbaby mitten im Kompost. Es kroch aus dem freigelegten Dickicht und fiepste erbärmlich. Völlig perplex habe ich es gegriffen und in meine Tasche gesteckt. Ich hatte ja schon mal Ratten als Haustiere und dachte ich gebe dem kleinen schnell einen neuen warmen Ort (der Kompost ist ja angenehm warm in der Mitte). Bevor ich groß weitermachen konnte fand ich schon das nächste Kleine. Das erste hate sich also nicht verlaufen, die Rattenmutter hatte sich wohl gedacht, der Kompost sei ein guter Ort um ihre Kinder aufzuziehen. Nachvollziehbar, warm und eventuell sogar gespikt mit Nahrung. Ich hatte nun doch große Sorge weiterzumachen. Ratten bekommen meist einen großen Haufen Babys und ich hatte gerade ihre Unterkunft zerstört und stocherte auch noch mit einer Mistgabel im Rest herum. Ich wollte ja kein Tier verletzen. Ich rief Stefan und zusammen haben wir sehr vorsichtig den Rest umgeschichtet und dabei insgesamt 9 Rattenbabys herausgesammelt.

Im Nachhinein hätten wir vielleicht besser reagieren sollen. Ich habe gelesen, nicht berühren, liegen lassen, meist ist die Mutter nicht weit und bringt die Kinder in Sicherheit. Aber nun ja, es war zu spät, ich hatte sie schon in der Hand, sogar in meiner Tasche und ich wusste ich kann sie nicht aufziehen und sie werden wohl sterben müssen. Am Ende wurden sie dem natürlichen Kreislauf wieder hinzugefügt und den Schweinen gegeben. Das mag sicher der ein oder andere grausam finden, aber ich fand es besser als sie einfach sinnlos zu töten, auszusetzen zum verhungern oder ähnliches.

Also mal wieder ein extremes Erlebnis, aber irgendwie auch schön. Denn die kleinen waren schon ultra niedlich und ich habe es ihnen versucht in ihren letzen Lebensstunden warm und kuschelig am Holzofen zu machen, bis unser Woofinghost nach Hause kam und die Entscheidung fiel, was mit ihnen passiert.

Und nun wieder zu etwas Schönem, genauer sogar besonders super Schönem. Nämlich was wir im Gegenzug zu unserer Arbeit bekommen haben: Zwei super nette und interessante Kiwis als Freunde, viele Gespräche, was auch nochmal mein Englisch gut trainiert hat. Ich weiß jetzt endlich, das ich ‚clothes‘ immer falsch ausspreche.

Wir hatten auch einige coole Spieleabende und ein Puzzle gab es für Lydia auch! 😀

Es waren des öfteren Walnüsse involviert. Und ich lernte eine neue Art der Kartoffelzubereitung kennen; Scheiben nur anschneiden und dann die Kartoffeln in den Ofen tun.

Außerdem wurde von Dave immer super extra vagant gekocht. Es gab die gesamten Wochen kein Gericht doppelt! Julia hat manchmal noch ein Dessert dazu angeschlossen. Ein großer Anteil des Essen war dabei aus eigenem Anbau (Lauch, Kartoffeln, Tomaten, Zuccinis, …).

Normalerweise kam Dave von der Arbeit, fing langsam an zu kochen und bot uns erstmal ein Bier an. Da ich selten Bier trinke, kam er dann mit solch fancy Getränken wie Gin Tonic an, die ich dann relativ regelmäßig konsumierte. Zum Essen gab es standardmäßig Wein, was unsere fast vollständige Abstinenz auf den Kopf stellte und ich immer wieder ablehen musste, weil ich nicht jeden Abend halb betrunken sein wolle. Wenn man so lange kaum etwas trinkt ist so ein Glas Gin Tonic und ein Glas Wein bei mir schon sehr erwärmend! 😀

Sie hatten ganze drei Sorten von Kartoffeln. Eine Sorte davon war lila! Sieht eher aus wie rote Beete schmeckt aber eindeutig wie Kartoffel.

Wir haben natürlich auch hin und wieder gekocht und zum beispiel Porreerollen und Kartoffelgratin mit den selbst ausgegrabenen Kartoffeln gemacht.

Wir wurden also super verköstigt, womit der Woofing Dienst definitiv mehr als vergütet wurde. Doch Dave und Julia setzten noch einen drauf:

Sie liehen uns ein Auto, für Tagestouren, gingen mit uns Essen, zu einem Konzert und machten mit uns sogar ein Exit Game (für das wir dann insistierten, da wir auch irgendetwas mal selbst bezahlen wollten).

Als Topping ging es dann das Wochenende über meinen Geburtstag zum Arthurs Pass. Das sind fast zwei Stunden Fahrt in die Berge. Wir blieben dort zusammen über Nacht in einer Hütte von Freunden von ihnen. Anstatt Arbeit gab es hier nur gemeinsames Erleben!

Im letzten Blogpost habe ich ja bereits von meiner Liebe zu Höhlenwanderungen erzählt. Ich hatte auch von einer Höhle in Richtung Arthurs Pass gelesen, die wir verpasst hatten. Auf dem Hinweg hielten wir dort an und machten zusammen mit Dave den ‚Cave Stream Walk‘. Das ist ein Fluss, der durch einen Berg hindurch geht, in dem man eine Stunde lang durch diesen Berg waten kann. Das einzige Problem ist, dass das Wasser (da es hier ja nun winterlich wird) sehr kalt ist, es hatte 6 Grad! Meist ging das Wasser einem bis zu den Knien, aber an zwei/drei Stellen wurde es sehr tief und ging mir bis zum Bauchnabel. Das war kalt!

Es war ein tolles Erlebnis und definitiv die Quälerei wert, aber es war wirklich etwas quälend. Wir verloren jegliches Gefühl in den Füßen, ich war Nass bis auf die Unterhose und die Strömung war hin und wieder auch erschreckend stark. Alleine sollte man das niemals machen und auch mindestens eine Person größer als Lydia dabei haben.

Erfolgreich und glücklich am anderen Ende angekommen haben wir uns dann umgezogen, in der Sonne aufgewärmt und sind zur Hütte weitergefahren, wo wir es uns dann vor einem Kamin gemütlich machen konnten.

Wir haben uns direkt am frühen Abend noch einen Wasserfall angeschaut und sind am nächsten Tag zu einem weiteren im Regen gewandert. Noch ein weiterer Wasserfall… so langsam werden wir etwas abgestumpft und können diese Naturschauspiele nicht mehr richtig wertschätzen. Es wird Zeit nach Hause zu kommen!

Wegen des Regens ist das Bild leider nur so mäßig…

Vor unserer Rückfahrt haben uns Dave und Julia noch zu einer Aussichtsplattform gefahren, auf der es definitiv Keas gibt (der einzig existierende Gebirgspapagei). Und tatsächlich, kaum waren wir angekommen, kam auch schon ein Kea herangeflattert und untersuchte Daves Auto. Keas stehen auf Gummi und knabbern sofort an allem herum. Man muss echt aufpassen, dass sie nichts kaputt machen. Dieser war so wenig scheu, dass wir super nah herankamen.

Nach diesem fantastischen Erlebnis genossen wir die letzte Sonne in Castle Hill. Bevor ich dann zurück im trauten Heim noch ein exzellentes Geburtstagsabendessen mit Möhrenkuchen bekommen habe.

In unserer Freizeit – Van verkauf?

Was man in einem Monat alles erleben kann… Wir haben natürlich auch andere freie Stunden gehabt, es wird ja nur 4 Stunden gearbeitet und dann gab es auch einmal die Woche einen freien Tag.

Naja größtenteils haben wir diese Zeit natürlich mit unserem Projekt Van Verkauf gefüllt. Zuerst anstehende Reperaturen, d.h. einen Sensor austauschen lassen und die Bremsbeläge austauschen. Und natürlich das Auto Putzen. Ich habe mich an den Kampf gegen besonders anschmiegsame Kerzen gemacht, während Stefan sich als kompetenter Mechaniker profiliert hat.

Dann mussten natürlich ein paar Daten erhoben werden, was ist der Van Wert, ist es sinnvoll in Christchurch zu bleiben oder nach Auckland zu fahren usw. Was ja vielleicht einige von mir kennen, ist dass ich es liebe sinnvolle oder unsinnvolle Datensätze zu sammeln und auszuwerten (Ich sage nur Nethack und GW2,, liebe Grüße an den Pingu an dieser Stelle), also war ich prädestiniert für diese Aufgabe. 🙂

Stefan hat unseren Van dafür in gefühlt hunderten Backpackerforen vorgestellt, Flyer entworfen und alle zwei Tage unser Angebot in Facebook repostet.

Wir sind sogar mit Elektrorollern durch Christchurch gedüst um Flyer in allen Hostels abzugeben.

Nach all dieser Mühe haben sich in den ganzen 4 Wochen nur wenige Interessenten gemeldet und es kam nur mit einem zu einem tatsächlichen Verkaufsgespräch mit Kaufzusage.

Jetzt ging unsere Automisere wieder los… Aber keine Sorge ich habe ein Happy End für euch! Um ein Fahrzeug zu verkaufen macht man hier normalerweise zum Beweis, dass alles okay ist, damit direkt vor dem Verkauf den WOF (neuseeländischer TÜV). Stefan ist also direkt zur nächsten Werkstatt gefahren und hat einen WOF gemacht und nicht bestanden. Achsen seien angebrochen, Öl würde überall auslaufen… Sogar an unseren Scheibenwischern hatten sie etwas auszusetzen! Laut Werkstatt würden die Reperaturkosten zwischen $2000 und $3000 liegen! Das sind über 1000€ und würde bedeuten, dass wir am Ende nur mit vielleicht 500€ aus dem Verkauf rausgehen würden. Wir waren niedergeschlagen. Ich wollte eine zweite Meinung zu dem Preis und wollte zu einer anderen Werkstatt. Dave gab uns daraufhin den Tipp doch den WOF einfach nochmal zu machen bei der Werkstatt um die Ecke. Wir putzen unser Auto also nochmal gründlich, wischten ein paar Ölflecken unterm Auto weg (das ging allerdings kaum und bestimmt nicht unauffällig) und tauschten unsere Scheibenwischer aus. Und dann geschah das unglaubliche:

Rechts der alte, links der neue…

Wie auch immer das sein kann, aber die vielen Probleme mit unserem Auto verschwanden und wir bekamen anstandslos einen WOF. Unsere Woofingeltern vermuten, dass die andere Werkstatt einfach nur etwas Geld aus den armen, dummen Backpackern rausholen wollte. Und wir vermuten, dass die Dorfwerkstatt dafür vielleicht auch noch ein Auge zugedrückt hat.

Wer weiß… leider hat das ganze zu lange für den interessierten Käufer gedauert und er hatte inzwischen einen anderen Van gekauft. Nach ihm kam leider keiner mehr womit wir auf unserer Karre sitzen geblieben sind. Doch da zeigen unsere Woofingeltern wieder wie krass lieb sie sind. Sie haben uns einfach direkt angeboten das Auto für uns im Sommer (Hochsaison) zu verkaufen und uns sogar schonmal $2000 Vorschuss/Sicherheit überwiesen. Wir kommen also nicht total arm in Deutschland an und bekommen in einem halben Jahr dann eventuell sogar mehr Geld aus dem Van als erhofft. Danke, danke, danke!

Neben dieser amüsanten Freizeitbeschäftigung… NICHT… haben wir noch ein paar Freunde treffen können. Dank des Luminate Festivals kennen wir tatsächlich Menschen in Christchurch und konnten sie so nochmal wieder sehen. Liebe Grüße an Elsa und Sasha, und natürlich Loui, der leider nicht erwisschbar war…

Zu guter Letzt

Unsere letzten Tage sind Angebrochen. Unser Flug geht von Auckland, also mussten wir noch irgenwie da hin kommen. Um einen weiteren Flug zu vermeiden haben wir eine Relocation gemacht und nochmal einen Van gefahren (Einen riesigen Mietvan von Britz). Relocation bedeutet, man fährt ein Fahrzeug einer Mietfirma an einen für sie besseren Ort. Dafür zahlt man kaum Mietkosten sondern eigentlich nur den Sprit. Wir hatten 4 Tage und sogar ein paar Kilometer übrig, dass wir einen Umweg über Coromandel machen konnten. Diese letzte Fahrt war wirklich ein Abschied. Wir konnten ein letztes Mal Darren unseren Kiwifreund aus Rotorua treffen, Philipp und Jasmin, die noch ein wenig bleiben und schließlich sogar noch die Amerikaner Alex und Alex verabschieden, die drei Tage vor uns abgeflogen sind.

Jetzt sitzen wir in einem AirBnB Zimmer in Auckland und warten auf unseren Flug. Gesehen haben wir genug, es regnet und windet sowieso nur noch, wir wollen jetzt einfach nur endlich nach Hause!