Wäre der Beutel leer, wäre die Kiste wohl anders gelaufen. Ich habe heute eine Zusage für einen 1-monatigen Vertrag bekommen und direkt abgelehnt. Das klingt jetzt erstmal nicht so klug. Aber von vorn. Ly und ich sind jetzt mitten in der Jobsuche. Unsere große Schwäche: Wir wissen schon, dass wir am 1. Juli in Sydney sein wollen, weil da mein Praktikum im Australian History Museum beginnt. Außerdem ist es da wärmer. Es ist hier schon derbe kalt zurzeit, so ein richtiger Herbst. Bis zum schlimmsten Winter (Juli-August) müssen wir also weg aus dem Süden sein. Aber unser Flug am 25. August ist wieder aus Melbourne, also kommen wir zumindest nochmal zurück.
Aber jetzt bin ich abgeschwoffen. Jobsuche. Genau. Also wie gesagt, wir sind halt nur einen Monat hier. Verständlich, dass uns die meisten Arbeitgeber jetzt nicht ewig einarbeiten wollen, nur damit wir gleich wieder weg sind, würde ich ja auch nicht. Und weil wir uns erstmal entschieden haben, bei der Wahrheit zu bleiben, was unsere Aufenthaltsdauer angeht, stellt sich die Jobsuche als schwierig heraus. Also richtig beworben haben wir uns bisher kaum, weil die meisten Jobs eben nur für lange ausgeschrieben werden. Die einzige Bewerbung, die ich abgeschickt hab, weil mir die Anzeige so gut gefiel, ging an das deutsche Startup HelloFresh, das hier in Melbourne einen sehr umsatzstarken Standort hat.
Da mir die Jobseite gleich gesagt hat, dass sich bereits 52 Backpacker (Rucksacker) auf die Stelle beworben haben, habe ich mir nicht allzu viele Hoffnungen gemacht, aber ich wollte zumindest eine Bewerbung mal abgeschickt haben. Aber huch! Am nächsten Morgen kriege ich eine SMS (auf meine fancy australische neue Nummer), dass ihnen meine Bewerbung gefällt und ich direkt heute Nachmittag (also wenn ihr das lest damals, also am 31. Mai, ja da so) zum Bewerbungsgespräch vorbeikommen soll um 2 Uhr nachmittags. Gute Studentenzeit. Gut auch, dass Ly und ich längst auf dem Weg in die Stadt waren, um uns bei Jobagenturen vorzustellen, ich gehe also in der Kleidung, in der ich unterwegs bin (Loch in der Hose, aber trotzdem fesch).
War ein super gutes Gespräch (die „Personalerin, die jünger als ich war, fand es großartig, dass ich wusste, dass eine deutsche Staubsaugerfirma (Vorwerk) ihren Job finanziert hat), auch wenn sich erst da so richtig herausgestellt hat, was ich eigentlich tun soll. In er Anzeige hieß es irgendwie Bestellungen für Lebensmittel aufnehmen und mit den Kollegen feiern gehen. Klar, dass das zu gut klingt, aber ich war trotzdem neugierig. Im Gespräch stellte sich dann heraus, dass ich von Tür zu Tür in bestimmten Nachbarschaften laufen soll und deren Kochboxen an den Mann und die Frau und alles dazwischen bringen soll. Anködern könne ich mit Rabatten. Auf so einen Job war ich jetzt nicht direkt scharf, aber da ich die Firma und das Konzept nicht direkt verwerflich fand und vor allem, weil ich für die „ersten paar Wochen“ 300 Dollar Basis-Einkommen kriegen sollte + Kommission, klang das erstmal nicht sooo schlecht. Außerdem gratis Bier jeden Freitag! So kann man den Lohn auch reinholen.
Jetzt hat sich nach kurzer Recherche in einer Backpacker-Facebook-Gruppe herausgestellt, dass die „ersten paar Wochen“ nur zwei sind und nicht vier, wie es für mich ideal gewesen wäre. Danach nur noch Kommission, worauf ich genau 0 Kochboxen Bock hab. Außerdem, von Tür zu Tür klopfen und sich beschimpfen lassen, ist schon länger nicht mehr mein Lebenstraum. Deshalb also eine wagemutige, von Bauchgefühl, Erfahrung und Ly gestützter Schritt, den sich 18-jährige Abiturient/innen sicher nicht getraut hätten: Auf die erste Jobzusage in Australien habe ich erstmal eine Absage geschrieben, mich aber noch höflich für das Vertrauen bedankt. Für die weitere Karriere wünsche ich der Firma nur das Beste, in der Mitarbeiterakquise war sie stets bemüht. Aber ruf mich nicht an, ich ruf euch an.
Tja, jetzt also weiter ohne Job, dafür mit Würde und Selbstbewusstsein und Vorfreude, hoffentlich bald im australischen Aldi an der Kasse zu sitzen. A presto!
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