Erstmal: Verzeihung, dass so lange nichts mehr kam! Die Arbeitswelt hat uns wieder und nach der Arbeit sind müde die Glieder. Mittlerweile sind wir vollständig in diesem Vanleben in Neuseeland angekommen. Das Zusammenleben auf engstem Raum, die harte Arbeit auf den Plantagen der Neuseeländer und das rastlose Leben der Immerreisenden ist uns voll ins Blut übergegangen. Als wir aus Te Kaha aufbrachen Richtung Ostkap der Nordinsel war es ein schönes Gefühl, wieder unterwegs zu sein. Wir sind an der Ostküste entlang gereist, zwei Tage lang durch den Regenwald geholpert und waren nochmal unseren neuseeländischen Freund Darren in Rotorua besuchen. Es war großartig, wieder ausschlafen zu können und das zu tun, weshalb wir ja eigentlich hier sind: durch Neuseeland reisen. Auch die in Te Kaha geschundenen Körper konnten sich mal wieder richtig erholen, weil mal nicht 1/4-fertige Kiwis von Ästen über einem gepflückt werden mussten.
Auf unserem Weg nach Gisborne und auch in der Stadt selbst haben wir immer wieder Freunde aus Te Kaha getroffen, mit denen wir auch immer wieder was unternommen haben. Es ist ein sehr schönes Gefühl, hier in Neuseeland so einen festen Freundeskreis zu haben, genau das, was wir in Australien ein bisschen vermisst haben. Tatsächlich arbeiten wir mit denselben Leuten gerade wieder und verbringen auch Weihnachten und Silvester zusammen. Aber der Reihe nach. Erstmal vielleicht ein paar Bilder aus dem digitalen Fotoalbum dieser Reise:
Vielleicht ein paar Worte zu Luxus und Geld. Gerade die zahlreichen 18-20-Jährigen Backpacker, die wir hier so getroffen haben, ernähren sich fast ausschließlich von Reis und Nudeln, garniert mit exquisiter Sauce de Tomate, an Sonntagen eventuell vielleicht mal noch ein Gemüse dazu. Im Kontrast dazu merkt man erst, dass man mittlerweile doch tatsächlich Ansprüche an sein Essen hat und nicht mehr jeden Tag Dreck mit Maggi schaufeln möchte. Wer hätte das gedacht! Ly und ich kochen beide gerne, aber ach, die Spülmaschine hat leider nicht mehr in den Van gepasst. Auch mögen wir beide gerne abwechslungsreiches Essen, aber wenn man nicht mal einen Kühlschrank zur Verfügung hat, dann werden die Sorgenfalten des Gourmets zu Sorgenfurchen. Ab und zu kochen wir etwas teurer/aufwendiger, aber die Frage steht stets im Raum, ob es nicht günstiger gegangen wäre, um mehr Geld zu sparen. Generell kaufen wir möglichst Dinge ein, die auch ungekühlt nicht schnell schlecht werden und versuchen uns beim Essen möglichst zu reduzieren, wann immer es geht.
Beim Essen könnte man ja theoretisch sparen, von Reis wird man ja gut satt. Aber das scheinen einfach für uns notwendige Ausgaben zu sein, auch wenn wir versuchen, immer mit den Angeboten in den jeweiligen Supermärkten einzukaufen. Da in Neuseeland gefühlt von Äpfeln bis zu Mangos alles angepflanzt wird, kann man die jeweilige Erntezeit eines Gemüses oder Obst sehr deutlich in den Märkten und Supermärkten an den absurd günstigen Preisen erkennen. Derzeit befinden wir uns auch noch in einem der Hauptanbaugebiete, regionaler kann man gar nicht einkaufen. Es gibt hier auch zahlreiche Läden direkt an den Obstplantagen und Winzereien, wo man praktisch direkt von den Pflanzen abkaufen kann. Schon sehr cool! Selbst unser Olivenöl kommt aus der Region hier, nimm das, Italien!
Unsere Region hier heißt Hawke’s Bay und ist angenehmerweise eine der wärmsten/heißesten Gegenden Neuseelands, was insbesondere für Ly eine Wohltat ist, die gefühlt seit einem halben Jahr immer so gerade aus dem Frieren heraus kommt. Leider hat der Klimawandel wohl auch diese Region hier mittlerweile erreicht und es regnet viel mehr, als es eigentlich um diese Jahreszeit sollte. Arbeit findet sich hier mehr als genug auf den zahlreichen Obstplantagen, weshalb wir unseren Freunden hierher gefolgt sind, um mit ihnen auf einem Weingut zu arbeiten. Mit einer typisch neuseeländischen Leichtigkeit konnten wir auch direkt anfangen zu arbeiten nachdem der Vertrag unterschrieben war. Die Arbeit auf dem Weingut ist in Ordnung, meist muss man Drähte von einem Haken höher oder niedriger setzen, je nachdem wie die Pflanzen gerade wachsen. Das Weingut reicht dabei mal lässig bis zum Horizont, man hört die Millionen an Dollar, die hier mit Wein gemacht werden, förmlich plätschern.
Geplant war, die Arbeit auf dem Weingut (wo wir zum Mindestlohn verdienen) nur so lange zu machen, bis die Blaubeerernte hier im Ort losgeht, wo wir uns als Pflücker eingeschrieben haben. Die Firma Gourmet Blueberries hat eine riesige Fläche voll mit allen möglichen Variationen von Blaubeeren, die jetzt reif werden und gepflückt werden wollen. Da man bei der Ernte nach Kilo bezahlt wird aber immer mindestens Mindestlohn kriegt, kann die Ernte eine sehr lukrative und schöne Sache sein. Kann. Der Eindruck, der sich bei mir allerdings nach kurzer Zeit einstellte, war der eines Blaubeeren-Gulags, ein Arbeitslager in dem konstant geschrien wird und wo nur noch die Wachhunde fehlen. Man bekommt einen Barcode auf einer Plakette, wird zu einer Nummer und darf gnädigerweise auch noch einen Fingerabdruck abgeben, um das Tor zu öffnen.
Die Firma beschäftigt irgendwas um die 400 Pflücker, die auf dem Gelände von den Vorgesetzen wie Ameisen entlang einer Route in ihre Reihen gescheucht werden, wo dann das Pflücken losgeht. Das Pflücken an sich ist nicht besonders schwierig, man muss die schön blauen Beeren pflücken und den Rest am Busch lassen. Jetzt weisen manche Menschen eine Begabung für diese Arbeit auf, die mir vollständig fehlt. Das würde mich jetzt erstmal nicht groß stören, weil man ja immer den Mindestlohn kriegt, den wir auf dem Weingut auch bekommen. Allerdings werden bei den Blaubeeren nur die Zeiten bezahlt, die man auch wirklich in den Reihen pflückt, beim Herumlaufen auf dem Gelände und bei längeren Pausen sieht man also kein Geld. Auch das wäre noch ok gewesen, wenn nicht an jedem Tag nur halbe Arbeitstage geboten wurden, weil die restlichen Beeren noch nicht reif waren. Mit diesem Umstand und besonders mit der schrecklichen Arbeitsatmosphäre habe ich mich also dazu entschlossen, auf das Weingut zurückzukehren und mir da in aller Ruhe meinen Mindestlohn zu verdienen. Ly dagegen hat die Gabe, viele Beeren in kurzer Zeit zu pflücken, weshalb sie da geblieben ist und wir zurzeit getrennt arbeiten. Funktioniert relativ gut, da auch unsere Freunde sich aufgeteilt haben und teilweise auf dem Weingut und teilweise bei den Blaubeeren arbeiten, weshalb Ly immer von jemand mitgenommen werden kann.
Wir wohnen zurzeit völlig umsonst auf einem Campingplatz in einem kleinen Ort, der wie fast alle anderen Campingplätze im Land eigentlich auch eine 48 Stunden Maximaldauer hat. Kontrolliert aber keiner. Außerdem gibt es noch Hühner und Hähne, die hier wild herumlaufen und Ly hat sich bereits fleißig der Fütterung angenommen.
Das Zusammenleben mit den anderen hier ist schön, aber da wir nach der Arbeit und nach dem Kochen kaum noch Zeit haben vor dem Schlafengehen und da es dauernd regnet, sitzen wir weniger zusammen als in Te Kaha, wo wir vor dem Regen in der Lodge geschützt waren. Wir haben aber zusammen das Tongariro Alpine Crossing gemacht, eine 6-8 stündige Wanderung über einen Alpenpass, bei dem wir sogar noch einen 3,5-stündigen Umweg gemacht haben und mit allergrößter Mühe auf den Berg geklettert sind, der bei Herr der Ringe für den Schicksalsberg verwendet wurde.
Die Wochen fliegen mit der Arbeiterei förmlich an uns vorbei und bevor wir es uns versehen, ist schon Weihnachten und Silvester, wo dann endlich neue Abenteuer in der Hauptstadt Wellington und auf der Südinsel auf uns warten.
Ja ich weiß, arbeiten kann müde machen. 🙄☺ dann noch viel Spaß und gute Reise